Tag 9: Tagestrip von Tokio nach Kanazawa

Zusammenfassung Kanazawa 7.6.

Manche Beiträge beende ich gerne mit einem Tipp. Den hier beginne ich, indem ich einen von gestwrn wiederhole: Sitzplätze im Shinkansen nicht erst am Vortag der Fahrt reservieren!

Nette Japaner haben Plätze mit uns getauscht, was die Fahrt angenehmer gemacht hat. Angenehm ist es insgesamt übrigens durchaus. Der Shinkansen ist ruhig und gleitet gewissermaßen dahin, IM Shinkansen ist es ruhig weil die geilen Japaner einfach die Fresse halten in öffentlichen Verkehrsmitteln (verdammt, ich liebe sie) UHUUND… die Standardbeinfreiheit schlägt die Erste Klasse im ICE ums doppelte. Küsschen aufs Nüsschen, Japan. Gut gemacht. Berühmt ist der Shinkansen aber für seine gottgleiche Pünktlichkeit. Was soll ich euch sagen… erste Fahrt und direkt Verspätung. Es muss an mir liegen.

Wir wollten Kanazawa am Japanischen Meer sehen. Eines vorab, „am Meer“ hat in Japan in den aller seltensten Fällen etwas mit Stränden, Palmen, Promenaden zu tun. Aus dem Meer kommt Essen, man transportiert Güter darüber und las but not least ist das Meer für Japan auch immer schon eine große Bedrohung gewesen. Mehr dazu im Kobe-Beitrag. Und tatsächlich, das Erdbeben, vor dem wir ein paar Tage zuvor frühgewarnt worden waren, war genau hier. In den Nachrichten konnte man sehen, dass es Schaden angerichtet hatte. Vor Ort war aber augenscheinlich alles in bester Ordnung. Nix kaputt, keine Aufräumarbeiten, etc. Nur ein kleiner, frisch abgesperrter Sprung in einer öffentlichen Treppe. Mensch, diese Japaner, so flink, so ordentlich.

Es gibt aber sogar einen Strand bei Kanazawa und ich hätte das Meer auch gern gesehen, um böse auf den Horizont zu schauen. Ich stelle mir das Gesicht von Kim-Jong Bums am andern Ende vor, er hätte sicher geschäumt. Der Weg dort raus an den Beach wär aber weit und umständlich gewesen und der Strand schien auch nach allem, was wir in Erfahrung bringen konnten nicht sehr besonders zu sein.

Was aber in Kanazawa besonders ist und Aufmerksamkeit verdient, ist der mega schöne Kemroku-en Garten. Auch die Burg, die man praktischerweise auf dem Weg zum Garten durchqueren und besuchen kann ist eine der sehenswerteren in Japan, weil man viel über die Bauweise lernen kann, aber das Highlight ist der Garten.

Es gibt hier ein traditionelles Teehaus, in dem man aufdembodensitzend essen und eben Tee trinken kann. Das geht überall anders in Japan auch aber zumeist nur mit Gruppen in dafür vorgesehenen Räumen. Auch aus botanischer Sicht ist der Garten nach meinen Maßstäben extrem schön. Japanische Maßstäbe funktionieren aber anders. Der Komeku-en zählt zu den „drei perfekten Gärten“ Japans. Gemeint sind solche Gärten, die ALLE Anforderungen an einen perfekten Landschaftsgarten nach den Chroniken der Luoyang-Gärten, einem antiken chinesischen Gartenbuch erfüllen. Überhaupt sind solche Gärten (in meinen Augen gibt es sogar NOCH schönere) in Japan oft durch das alte China inspiriert. Die beiden Länder haben sich in ihrer langen Geschichte stark gegenseitig beeinflusst.

Für mich persönlich noch ein bisschen schöner war aber der Omicho Market. Hier gings aber etwas mehr um Fauna als um Flora. Ich liebe Fischmärkte. Tokio ist zwar dafür berühmt, hat was das angeht aus meiner Sicht aber underperformed. Hier im vergleichsweise beschaulichen Kanazawa wurde ich entschädigt. Austern, vielfältig und so groß, dass man sie abbeißen muss. Seeigel, Meeresschnecken, Muscheln und Schalentiere. Eine unglaubliche Fischauswahl und für japanische Verhältnisse auch viel frisches Gemüse und Obst. Bombe. Kratzt an meinen persönlichen Top 3. Die Händler mögen es verständlicher Weise nicht ganz so gern, wenn man die Wege verstopft, um alles zu fotografieren. Zwei, drei Bilder mussten auch bei mir sein aber insgesamt wird es das beste sein, man läuft einfach durch, genießt es und isst so viel, wie man kann.

– Foto

Vom Markt ist man zwar schnell zur Burg gelaufen aber ein Umweg durchs Samurai-Viertel kann sich lohnen. Zwar ist es eigentlich ein ganz normales Wohnviertel aber es stehen doch etliche alte Gebäude aus der Samureizeit dazwischen. Einige kann man betreten.

Das Beste kam zum Schluss. Der Higashi Chaya Distrikt. Das ist ein sehr gut erhaltenes Viertel mit traditionellen Teehäusern und anderen alten Häusern. Man kann in die meisten Häuser reingehen und die traditionelle Lebensweise sehr gut erleben. Es lohnt sich wirklich und ich sag das selten, wenns nicht vordergründig um Essen geht.

Das Allerbeste kam leider nach dem Schluss und wir habens verpasst. Wären wir länger geblieben und zum Strand gefahren, hätten wir in der hier sehr klaren Luft miterleben können, wie die rote Sonne in Japan versank… wer die Flippers nicht liebt, ist kein Mensch.

Spaß bei Seite, Urlaub für Urlaub hoffe ich die Sonne, im Meer untergehen zu sehen, was wegen Wolken am Horizont nie klappt. Heute wärs gegangen, danke Japanisches Meer (von Japan aus betrachtet), aber wir sind stattdessen zurück nach Tokio gefahren. Es war trotzdem die richtige Entscheidung, wir wären nie wieder von diesem Strand weggekommen. Das muss der einzige Ort auf dem ganzen Archipel sein, an den kein Zug fährt.

Wir haben den Sonnenuntergang immerhin andeutungsweise aus dem Shinkansen verfolgen können.

Zurück in Tokio herrscht Chaos. Das scheint freitags so zu sein, wenn am Abend 37 mio. Menschen aus Disneyland zurückkommen und alle mit Mickey Mouse Ohren in der U-Bahn (an)stehen. Es war etwas anstrengend.

Au revoir, wie der Japaner sagt.

Kanazawa wird oft Little Kyoto genannt

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