Tag 6: Tokio


Es ist Dienstag und wir sind im Office bei Arbeitkollegen von mir eingeladen, die ich noch nie in Person getroffen habe. Gut, eigentlich hab ich uns selbst eingeladen, man kommt ja zu nichts sonst. Ich arbeite für großes ein europäisches Software Unternehmen, das IT-Security Lösungen entwickelt.


Das Büro ist in einem 150m hohen Tower neben Shinagawa Station untergebracht. Es ist also sehr gut angebunden. Wie mir unser Kollege Yoda erzählt hat, wird die Anbindung sogar noch besser, wenn die neue Maglev-Verbindung zwischen Tokio und Osaka (40min oneway, zfx) fertiggestellt ist. Deren Halt in Tokio wird nämlich hier in Shinagawa sein. Aus diesem Grund baut Toyota wohl auch einen Wolkenkratzer in der Nachbarschaft.

Yoda kam in der Lobby schon strahlend, mit zwei Besucherausweisen auf uns zu. Wir sind mit dem Lift in den 6. Stock gefahren. Dort haben wir die Aussicht auf Sinagawa Station genossen und ein bisschen über die unterschiedlichen Herausforderungen geplaudert und darüber, was wir voneinander lernen können. Dann gabs reichlich Tokio-Tipps.

Ich muss sagen, ich habe den Besuch sehr genossen. Es war schön, aus erster Hand zu sehen, wie in Japan gearbeitet wird und noch schöner war es etwas aus dem eigenen Alltag plötzlich mitten in Tokio wiederzufinden, nur ganz anders eben.

Wir wollten den Kollegen aber nicht mehr allzu viel Zeit stehlen, nachdem Yoda mehr davon erzählt hatte, wie das Business gerade so läuft… Und schließlich müssen sie sich ggf. am Abend noch mit dem Chef einen hinter die Kaimauer schippern.


Nachdem ichs ja am ersten Tag nicht geschafft habe, die Rainbow Bridge zu überqueren, hatten wir das jetzt eingeplant. Sie ist nämlich ganz in der Nähe zu Shinagawa. Oh mein Gott, ich liebe Brücken.
Wir sind nicht drüber gelaufen, was zwar sicher nett aber doch unnötig wäre. Warum, das erfahren Sie im nachfolgenden Mega-Tokio-Tipp, den Ihnen „Nissin Cup Noodles“ präsentiert.

TIPP: Die Yurikamone-Liene, fährt vom Bahnhof Shimbashi nach Toyosu und überquert die Brücke dabei. Es ist mehr ein fahrerloser Peoplemover als eine U-Bahn. Wie auch immer, man kann sich in bester Tourimanier ganz vorne reinspreitzen und die Aussicht genießen. Eine der besten Aussichten, die man auf Tokio haben kann, finde ich. Auf jeden Fall aber die beste Aussicht auf den Hafen von Tokio. Das alleine lohnt sich schon. Es gibt ein schönes Cruise Ship Terminal, eine Kopie der Freiheitsstatue, etliche Container Terminals und am Ende kommt man in Toyosu, beim neuen Fischmarkt raus. Das sind zwei Hallen mit Galleries, von denen man den Handel gut beobachten kann. Leider jedoch, wie immer in Japan, nur hinter dicken Glasscheiben.

Wer im Besitz einer aufgeladenen IC-Karte ist (SUICA oder PASSMO), zahlt für das Ganze keinen einzigen Yen, wenn er sich zuerst den Fischmarkt ansieht und dann diese tolle Hafenrundfahrt macht, indem er in Toyosu einsteigt, an der letzten Stationen aussteigt und wieder zurückfährt, um am Ende dort wieder rauszugehen, wo er losgefahren war.

Diesen Trick verdankt ihr meiner schwäbischen Frau. Wer, wie ich zu blöd, ist so eine Karte im Vorfeld zu besorgen und kein iPhone besitzt (Apple Wallet beste) und daher Tickets mit Bargeld kaufen muss, kauft eben nur eines für eine Station, dreht am Ende (der ganzen Stecke) wie gehabt um und steigt schließlich an der Station aus, die auf seinem Ticket steht. Kosten 160¥ = 1€.

Es gibt auch Hafenrundfahrten mit Booten. Ich glaube, das macht viel Spaß, weil man näher dran ist. Wir haben es aber nicht geschafft. Definitiv gibt es diese Fahrten auch im Hafen von Yokohama.


– Fotos


Unsere nächste Station sollte Yoyogi-Park sein. Offen gesagt, ich hatte etwas Langweiliges erwartet aber da lag ich falsch. Auch wenn es etwas umständlich ist dort hinzukommen, empfehle ich, den Park durchs Nord Tor zu betreten. Sorum ist es am eindrucksvollsten. Eindrucksvoll war für mich vor allem der Temperatursturz, zwischen „vorm Park“ und „im Park“. Der tritt quasi in dem Moment ein, indem man durchs Tor geht. Pflanzen kühlen, das ist bekannt aber das hatte ich nicht erwartet.

Im Park befindet sich der Meiji-Schrein. Ein sehr schöner Schrein. Ich habe weit mehr Schreine gesehen, als mir lieb ist und dennoch werde ich nichts weiter über das Thema schreiben. Nur die folgenden drei kleinen Hinweise, die sich zwar von selbst verstehen, fasse ich aber doch gerne noch einmal hier zusammenfassen.

– Im Schrein hält man verdammt noch mal den Mund
– Wenn man als Langnase schon zu schintoistischen Gottheiten beten muss, damit der Urlaub perfekt ist, verhält man sich bitte respektvoll, indem man die Regeln zum Ablauf des Gebetes und des gesamten Schrein Besuches befolgt
– UND VOR ALLEM geht man den Einheimischen nicht auf den Sack, in dem man sie fotografiert o.Ä.

Danke.


Den Park wieder verlassen haben wir bei Harajuku Station, Yamanote-Linie (JR) sowie Chiyoda-Linie & Fukutoshin-Linie (beide Tokyo Metro). Hier ist es genau andersrum. Man kommt aus diesem Ort der Ruhe und Langsamkeit mit einem Schritt zurück ins wahre Leben, in die Mega-City.

Auf dem Weg zum Park hatte uns noch ein netter kleiner Ramen Place eingefangen. Was für uns da noch eine Hürde war, hatten wir schon ein paar Mal anderswo gesehen aber nie gemacht. Jetzt mussten wir es, Gott sei Dank mit etwas Hilfe, selber hinbekommen: Bestellautomaten. Das gibt es in vielen Restaurants in Tokio und inzwischen sind wir Fans davon. Der Hintergrund ist, dass es den Ablauf im Restaurant optimiert. Hier gibt es viele Menschen, die kochen und wenige, die den Rest machen. Man wählt am Automaten ein Gericht aus, bezahlt, bekommt einen Zettel, den man bei einem der Köche abgibt, isst und geht wieder. Alles zusammen in oft nicht mehr als 20 Minuten.

Ich hatte Shio Ramen, eine der vier Haupt Ramen Arten. Sie übersetzen es meist nur mit „salty“, was einfach klingt aber eigentlich hat es den komplexesten Geschmack aller Ramen Sorten. Es war der Wahnsinn. An dieser Stelle möchte ich einen wichtigen Hinweis loswerden: Schlürfen, nicht zuzeln. Wer selbst vor hat, nach Japan zu fahren, wird schnell begreifen, was ich meine und kurz darauf auch warum.

Jetzt nach Park und Schrein war ich jedenfalls wieder bereit für Essen. In dem Viertel, indem wir rausgekommen waren, gibt es eine große Hauptstraße mit vielen Geschäften und breiten Gehwegen, auf denen die Hölle los war. Wir sind aber nach 2 Blocks schon rechts abgebogen, weil sich von dort bis nach Shibuya Station richtig geile kleine Gässchen schlängeln. Alles eher „hip“, modern und mehr so die Expat-Gegend, meine ich. Und zack, da waren sie: Tintenfischbällchen, der Food-Trend in Japan zurzeit. Längst werden unzählige Varianten angeboten. Eigentlich erst für Osaka eingeplant, sind sie uns eben bereits jetzt, zu Beginn unserer Reise über den Weg gelaufen. Da man auf besonderen Reisen ja oft irgendeine schnell liebgewonnene Gewohnheit zelebriert, dachte ich mir, besser jetzt schon damit anfangen. Mein Urteil? Joaaa… ich würde tatsächlich sagen, muss man probiert haben. Werde es auch in Osaka noch mal probieren. Andere Variante eben. Sie sind sehr heiß, bestehen überwiegend aus Käse, mit einem kleinen Stück Pulpo in der Mitte. Interessant. Unterm Strich aber auch nicht mehr als das.


– Fotos chat Jens


An der Shibuya-Kreuzung, unserem letzten Ziel für den Tag angekommen, war es auch schon nicht mehr lang hin bis Sonnenuntergang. Die Kreuzung ist nicht die schönste in Tokio, nicht die verrückteste, nicht die mit den meisten Zebrastreifen aber es ist eben die, an der die meisten Menschen während einer einzigen Grünphase die Straßenseite wechseln. Weltweit.

Der beste Ort, um das mitzuerleben ist mitten auf der Kreuzung. Miterleben ist aber nicht mitansehen, dafür gibt es bessere Spots. Einer davon ist vermutlich Shibuya Sky. Aussichtsplattform auf einem umliegenden Hochhaus. Es gibt viele Observation Decks in Tokio aber das ist das einzige, das man definitiv vorab buchen muss. Haben wir nicht. Hab also keine Ahnung, wies ist. Dafür hab ich aber einen anderen, letzten Tipp für heute.

Auf der anderen Seite der Kreuzung, gegenüber vom Bahnhof gibt es ein Gebäude, das ihr an der Starbucks Filiale im Erdgeschoss erkennt (eine regelrechte Plage in Tokio, ich hasse Starbucks). Im 4. und 5. OG (in Japan heißt das 4F, 5F) gibt es eine Share Lounge. Für sehr kleines Geld haben wir dort eine Stunde mit bestem Ausblick auf die Kreuzung sitzen können, alle Getränke und Snacks inklusive. Das gilt auch für alkoholische Drinks und die Auswahl ist riesig. Die Heimfahrt war witzig, ich habe rausgefunden, dass alle Supermärkte eine Toilette haben.


-Fotos, Videos

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